Doppeltes Schauspiel.

Gestern vor dem aufgethanen
 Vorhang im Theater sitzend,
 Sah ich einen schönen Nacken
 Dessen Reize, blendend zwischen
 Mich sich stellend und das Schauspiel,
 Dort mich wenig schauen ließen;
 Aber, was ich dort versäumte,
 Kam mir hier zu gute wieder,
 Wo aus niedlicherm Gerüste
 Sich ein andres Schauspiel spielte.
 Wie in jenem größern dort
 Vorhäng' auf und nieder gingen
 In den Acten, in den Scenen
 Wände hin und wieder liefen;
 Auf des Nackens Schauplatz hier
 Wechselten in buntem Spiele
 Falten eines Tuches so,
 Ihm zu Wand und Vorhang dienend.
 Selbst das Stück nun anbelangend,
 War's dort eins von den beliebten:
 Ein Hausvater in dem Kreise
 Zahlreicher Familienglieder,
 Die ihm Freud' und Sorge machten,
 Was, sich mannigfach verwickelnd,
 Freud' und Sorg' auch den Zuschauern
 Machte, wie sich's würd' entwickeln;
 Und als sich's entwickelt, lief's
 Endlich all hinaus anf's Lieben.
 Wenn sich auf den kahlen Brettern
 Dort so schöne Sachen spielten;
 Dürften hier wohl schlechtre vorgehn
 Auf den Alabasterdielen?
 Ganz dieselben gingen vor;
 Nur, statt lebensgroßer Spieler,
 Waren nach des Raums Verhältnis;
 Kleinere hieher beschieden,
 Welche aus so zartem Grunde
 Zart auftraten, wie sich's schickte.
 Meine eigenen Gedanken
 Waren's, die, zu Amorinen,
 Amoretten, umgewandelt
 Hier vor mir sich sehen ließen,
 Auch zusammen bildend eine
 Liebenswürdige Familie,
 Zu dem größern Stück aufführend
 Angemess'ne Zwischenspiele;
 Denn das Ganze lief, wie dort,
 So auch hier hinaus aufs Lieben.
 O wie ward vom kleinen Volke
 Umgesprungen, umgetrippelt
 Auf des Nackens offnem Schauplatz,
 Und gelauscht in den Coulissen.
 Die Besitzerin des Nackens
 Ward den Unfug schwerlich inne;
 Abgeschüttelt hätte sie
 Sonst die Ungezognen sicher,
 Und das glänzende Theater
 Ganz geschlossen meinen Blicken.