Der Hahnenkampf.

(Nach Fischart und Aristophanes.)

Wie beherzt im Kampfgewitter
 Spornen mag sein Roß ein Ritter,
 Keinem doch sind angeboren
 So alswie dem Hahn die Sporen;
 Keinem König zweifelsohne
 Sitzet auch so schön die Krone
 Und am Kopf so fest, als am
 Hahnenkopf der Hahnenkamm.
Königsvogel, kriegerischer
 Freiheitskämpfer, jugendfrischer
 Rittersmann vom heißen Sporne,
 Wenn der Kamm dir schwillt im Zorne!
 Von dir hat der Krieg begonnen,
 Der nun Spielraum weit gewonnen;
 Zu dir, der Vernunft zu Ehren,
 Soll der Krieg zurück auch kehren.
Wenn der Fürsten heil'ger Bund
 Hält am Zaum das Erdenrund,
 Und gelind hinfort beschwört,
 Was sich hier und dort empört;
 Wird ein Tribunal errichtet
 Endlich, wo sich Wettstreit schlichtet
 Ohne Blei und Pulverdampf
 Schön durch einen Hahnenkampf.
Friedlich, wie in ihrem Sinne,
 War die Welt im Anbeginne.
 Nachbarn wohnten nachbarlich,
 Grüßten sich und mieden sich.
 Draußen in den grenzlos weiten
 Feldern war kein Platz zum Streiten,
 Und zuhaus erhielten Frieden
 Zäune, die die Höfe schieden.
Nicht neugierig mochte schaun
 Herr dem Herren über'n Zaun;
 Und im Hof die zahme Heerde
 War nach ihres Herrn Geberde;
 Fröhlich ihrem eignen Hahn
 Waren Hennen unterthan,
 Sich um Nachbarsfrauen minder
 Kümmernd, als um eigne Kinder.
Durch der Hähne Stolz allein
 Sollte Krieg auf Erden sein.
 Hüben wenn der eine krähte,
 Hört' es drüben der und blähte
 Sich und kräht' entgegen gleich;
 In Bestürzung kam das Reich,
 Wie es sah den Herrn im Grimme,
 Und vernahm des andern Stimme.
Und mit trotzigem Vertraun
 Schwang ein Hahn sich auf den Zaun,
 Und der andre kühn verwegen
 Schwang von dort sich ihm entgegen;
 Und sie schlugen wild unsittig
 In der Luft sich mit dem Fittig,
 Bissen sich mit Schnäbeln und
 Rissen sich mit Säbeln wund.
Nachbarn haben zugesehn,
 Wie der erste Kampf geschehn;
 Ruhig blieben sie dabei,
 Harrend, was der Ausgang sei;
 Wetteten sodann beim zweiten,
 Ohne selbst doch mitzustreiten;
 Doch die Hausherrn selber stritten
 Trotz den Hähnen bei dem dritten.
Als ein vierter sollte sein,
 Stritten ihn die Herrn allein,
 Ohne daß hinfort dazwischen
 Hähne brauchten sich zu mischen.
 Kaum verlohnt' es mehr zu schaun
 Nach dem Hahnentampf am Zaun,
 Seit im Feld die wuthentbrannten
 Kampfhähn' aufeinander rannten.
Obgleich auf des Kampfes Plan
 Selbst nicht mehr erschien der Hahn,
 Ward er doch geführt im Schilde,
 Und zum Kampf gebraucht im Bilde,
 Wie der Hahn an Flint' und Büchse
 Feuer giebt auf Feind' und Füchse,
 Und der rothe fliegt auf's Dach,
 Und den Mordbrand krähet wach.
Ganze Länder auch bekamen
 Davon ihre Ehrennamen,
 Alswie von des Hahnen Frau
 Henneberg und Hennegau;
 Und die einst sich Hähne nannten,
 Unsre Nachbarn, die galanten,
 Die auf Münzen und auf Fahnen
 Eine Zeitlang führten Hahnen.
Doch am schönsten haben Dänen
 Selbst sich gleichgestellt den Hähnen;
 Deren Sprache davon her
 Zeichen nahm für Sie und Er:
 Jeder Er ist Han genannt,
 Jede Sie als Hun gekannt;
 Und statt Hun nennt man sie Henne,
 Daß man sie noch besser kenne.
Doch der Krieg, solang er neu,
 Blieb noch seinem Ursprung treu;
 Ruhig bleibend, lassen Hennen
 In den Kampf die Hähne rennen;
 Und so blieb dem Kampf des Herrn
 Erst auch das Gesinde fern;
 Er bestand auf seinem Rechte,
 Daß er selbst für alle fechte.
Dann zum Kampfe ward geschwinde
 Beigezogen das Gesinde,
 Und zurückzog immermehr
 Sich der Herzog hinters Heer;
 Und nun ist der Tod nur Sühner
 Der gerupften Menschenhühner,
 Die für ihre Hähn' in Massen
 Rupfen sich und rupfen lassen.
Das wird einst ein Ende nehmen,
 Wann sich Menschen werden schämen
 Vor den Hühnern, und erkennen,
 Daß verständ'ger sind die Hennen;
 Werden zu den Hähnen sprechen:
 Wollt' ihr Häls' und Lanzen brechen,
 Möget ihr für uns es thun,
 Nicht mehr für den Hahn das Huhn!
Zagen, die da Krone tragen,
 So ins Mittel sich zu schlagen,
 Legen sie die Krone nieder,
 Goldne Zeiten kommen wieder,
 Wo der Hahn mit seinem Kamm
 Ist der einz'ge Kriegerstamm.
 Und die Völker freidlich wohnen
 Unterm Kamm statt unter Kronen.