Blick empor.

  Blick empor
    Zum Sternenchor!
    Ihren Königsmantel sticket
    Hell mit Lilien die Nacht.
    Dieser Flor
    Brach kaum hervor,
    Und herauf aus Osten blicket
    Schon der Mond und löscht die Pracht.
Alles glüht sich zu entfalten,
Doch was blüht das muß veralten,
Was gesprüht das muß erkalten,
Und du bist umsonst bemüht zu halten,
O Gemüth, die schwimmenden Gestalten.
 Sieh wie dicht
    Sein Zauberlicht
    Giest der Mond nun auf die Lande,
    Tief in Schlummermeer getaucht!
    Aber bricht
    Sich blutroth nicht
    Dort die Silberfluth am Rande,
    Von Auroren angehaucht!
Alles glüht sich zu entfalten,
Doch was blüht das muß veralten,
Was gesprüht das muß erkalten,
Und du bist umsonst bemüht zu halten,
O Gemüth, die schwimmenden Gestalten.
 Schau die Au
    Im Morgentau!
    Seinen Bräuten ihr Geschmeide
    Hat der Frühling angelegt.
    Sonnenstrahl schlau
    Und Ostwind lau
    Stehlen sich in's Harem beide,
    Das von Lust ist angeregt.
Alles glüht sich zu entfalten,
Doch was blüht das muß veralten,
Was gesprüht das muß erkalten,
Und du bist umsonst bemüht zu halten,
O Gemüth, die schwimmenden Gestalten.
 Nachtigall,
    Wo ist dein Schall?
    Wo, o Rose, deine Krone,
    Die du trugst beim Maientanz?
    Seid ihr all
    Ein Widerhall
    Körperlos, ein Schatten, ohne
    Wesenheit ein Widerglanz?
Alles glüht sich zu entfalten,
Doch was blüht das muß veralten,
Was gesprüht das muß erkalten,
Und du bist umsonst bemüht zu halten,
O Gemüth, die schwimmenden Gestalten.
 Wohlgemuth
    In Sommergluth
    Stand ein Baum am Strome, trinkend
    Mit den Füßen Labung dort;
    Winter thut
    Den Schattenhut
    Ihm vom Haupt, und einzeln sinkend
    Schwimmt sein Laub im Strome fort.
Alles glüht sich zu entfalten,
Doch was blüht das muß veralten,
Was gesprüht das muß erkalten,
Und du bist umsonst bemüht zu halten,
O Gemüth, die schwimmenden Gestalten.
 Scheint's doch kaum
    Derselbe Baum,
    Liebchen, wo mir zwei Belieben
    Einst geliebt im schönsten Mai;
    Dort am Baum,
    Es ist ein Traum,
    Spielen unsrer Kinder sieben,
    Gleichalsob noch Mai es sei.
Alles glüht sich zu entfalten,
Doch was blüht das muß veralten,
Was gesprüht das muß erkalten,
Und du bist umsonst bemüht zu halten,
O Gemüth, die schwimmenden Gestalten.