Des Mundes Schutzrede für die jungen Schnauz- und Backenbärte, wider den alten Zopf.

          1814.

Nie ward noch einem Munde
 So seltner Auftrag nicht;
 Denn nicht aus Herzensgrunde
 Kommt, was hier meiner spricht:
 Zwei haben ihn gedungen,
 Weil sie nicht haben Zungen,
 Zur Schutzred' ihnen fein
 Die unsrige zu leihn.
Der Schnauzbart sprach zum Munde:
 Ich steh' in deinem Schutz,
 Als Nachbar, und im Grunde
 Bin ich ja nur dein Putz;
 Du müßtest, ungebeten,
 Von selbst schon mich vertreten:
 So schweige jetzt nicht still,
 Weil ich dich bitten will.
Und hier mein Spießgeselle,
 Der Junker Backenbart,
 Der um des Ohres Schwelle
 Sich lagert weich und zart,
 Wie könnten ihm vom Ohre
 Verschlossen sein die Thore?
 So ist ja Ohr und Mund
 Mit uns im schönsten Bund.
 Es drohet zu vertreiben,
 Uns zwei ein alter Feind;
 Wie soll ich ihn beschreiben,
 Und sagen, was er scheint?
 Wie alle Feiggesinnten
 Ist er beständig hinten,
 Und sieht nie, wo man ficht,
 Dem Feind in's Angesicht.
 Ein Auswuchs, unnütz eitel,
 An einem Menschenhaupt,
 Der oft auch kahler Scheitel
 Zum Staat wird angeschraubt;
 Er scheut das klare Wasser,
 Liebt Talg und Fett, der Prasser,
 Und ist durchaus ein Tropf,
 Der alte Vetter Zopf·
Wir können ihn verachten,
 Wir haben uusern Muth
 Erprobt in manchen Schlachten,
 Wir wurden roth von Blut.
 Von unsern tapfern Streichen
 Mußt' er im Feld entweichen:
 Doch Hinterlist und Neid
 Besiegt oft Tapferkeit.
Wir haben unterdessen
 Von weitem her gehört,
 Das biedre Volk der Hessen
 Hab' er mit List bethört:
 Sie sollten sich bequemen,
 Ihn wieder anzunehmen,
 Und abzuthun dafür
 Uns selbst als Ungebühr.
Nun rus' aus voller Lunge,
 O Mund, zu unserm Schutz:
 Nichts kleins steht auf dem Sprunge,
 Es gilt nicht bloßen Putz!
 Vom Zopf ist ausgegangen
 Die Schmach, die euch befangen;
 Und Deutschlands ganzes Heil
 Hängt ab von uns zum Theil.
Die Preußen, die mit Rechte
 Man als die ersten preist,
 Wenn man spricht vom Gefechte,
 Wo war der Preußen Geist,
 Als sie dem Zopf gefrohnet?
 Womit hat er's gelohnet?
 Damit, daß Schopf und Kopf
 Draufgingen sammt dem Zopf.
Als sie bei Jena fochten,
 Hat alles nichts genutzt,
 Wie sie sich stellen mochten:
 Der Zopf war nicht gestutzt.
 Des Franzmanns Hände faßten
 Beim Zopf sie, dem verhaßten,
 Und hielten sie daran,
 Daß wenig nur entrann.
Was aber war entgangen,
 Das ward durch Schaden klug
 Den Zopf, den allzulangen,
 Trug man nun kurz genug.
 Da ging aus der Entzöpfung
 Hervor die neue Schöpfung,
 Sie sprießt' um Mund und Ohr
 In Bartsgestalt hervor.
Das waren frische Sprossen
 Voll jungem gutem Saft,
 Nicht starr mehr und verdrossen,
 Gealtert, ohne Kraft.
 Jetzt stand das Haar am Flecke,
 Und als der Feind, der kecke,
 Dran griff, fühlt' er es dran,
 Das Haar saß auf dem Zahn.
Die Zähne waren hitzig,
 Daß Frost der Feind empfand,
 Der Bart war scharf und spitzig,
 Das Schwert ihm gleich zur Hand;
 Um nach dem Feind zu sehen,
 Braucht' er sieh nicht zu drehen,
 Wie einst der Zopf gethan,
 Wenn ihn die Feinde sahn.
So hat an eurem Siege
 Der Bart sein gutes Theil;
 Und kaum ruht ihr vom Kriege,
 So ist er euch schon feil?
 Und wird der Müßiggänger
 Schon wieder sein Verdränger,
 Der Zopf, der nichts gemacht,
 Als Unheil euch gebracht?
Ich rede nicht vom Kleinen,
 Vom Großen red' ich auch;
 Wie wir's im Ganzen meinen,
 Das zeigt ein einzler Brauch.
 Oft hängt viel feines zartes
 An Haaren eines Bartes;
 Und wie es steht im Kopf,
 Sieht man auch wohl am Zopf.
Wenn ihr die jungen Sprossen
 Von euren Backen rauft,
 Und nach den alten Possen
 Von neuem wieder lauft;
 Wenn ihr die steifen Zöpfe
 Hängt wieder an die Köpfe,
 Und scheert den jungen Muth,
 So sehet, was ihr thut.