Der Guckkasten.

    Ich über Berg und Hügel,
  Und über Fluß und Meer;
  Es führt auf günst'gem Flügel
  Zu euch ein Gott mich her.
  Mit ist die Kunst gegeben,
  Dazu bin ich bestellt,
  Das Leben und das Weben
  Zu sehn in aller Welt;
  Es in ein Bild zu fassen.
  Und euch es sehn zu lassen.
Schöne Bilder, schöne Sachen,
Halb zum Weinen, halb zum Lachen,
Wie sich's dreht, und steht und geht:
Kommt und seht!
    Beglückt wer ist geboren
  Zu eigner kleiner Lust,
  Nicht spricht für fremde Ohren,
  Und nicht aus fremder Brust!
  Ich habe mich entrissen
  Des eignen Glückes Schooß,
  Und thöricht mich beflissen
  Euch zu ergötzen blos.
  Leicht ist mein Bildertasten,
  Doch fühl' ich seine Lasten.
Schöne Bilder, schöne Sachen,
Halb zum Weinen, halb zum Lachen,
Wie sich's dreht, und steht and geht;
Kommt und seht!
    Der du den vollen Becher
  Der Lebensfreude trinkst,
  Und ein berauschter Zecher
  Im Schooß der Liebe sinkst;
  Blickst du von deinem Spiele,
  Blickst du von deinem Wein
  Nicht her zu meinem Spiele,
  So will ich dir's verzeihn;
  Dich braucht kein Bild zu laben,
  Du kannst es besser haben.
Schöne Bilder, schöne Sachen,
Halb zum Weinen, halb zum Lachen,
Wie sich's dreht, und steht and geht;
Kommt und seht!
    Du, der du in Geschäften
  Und Sorgen bist ergraut.
  Mit deines Wirkens Kräften
  Haft dies und das erbaut;
  Du treibst den Ernst des Lebens,
  Ich treibe nur sein Spiel;
  Du hältst wohl nicht vergebens
  Von meiner Kunst nicht viel:
  Du siehst mit deinen Brillen
  Um der Zerstreuung willen
Schöne Bilder, schöne Sachen,
Halb zum Weinen, halb zum Lachen,
Wie sich's dreht, und steht and geht;
Kommt und seht!
  Du aber, deß Gemüthe
  Sich schließt in Einsamkeit,
  Der du des Lebens Blüthe
  Nicht erntest in der Zeit,
  Deß Sehnen und deß Hoffen
  In Himmelsferne blickt.
  Und an den bunten Stoffen
  Des Traumes sich erquickt;
  Auf dich hab' ich gezählet,
  Komm sie, was freut und quälet.
Schöne Bilder, schöne Sachen,
Halb zum Weinen, halb zum Lachen,
Wie sich's dreht, und steht and geht;
Kommt und seht!
    Hier tanzende Figuren,
  Dort stummen Trauerzug,
  Hier stille Frühlingsfluten,
  Dort Menschenlärm genug;
  Unthier' aus fremden Ländern,
  Zwergriesen alter Zeit,
  Und in phantast'schen Bändern
  Deß Schäfers Liebesleid:
  Oft werd' ich selbst dazwischen
  In Scherz und Ernst mich mischen.
Schöne Bilder, schöne Sachen,
Halb zum Weinen, halb zum Lachen,
Wie sich's dreht, und steht and geht;
Kommt und seht!
    Und sehet ihr, daß Plunder
  Dem Guten ist gesellt,
  So nehm' euch das nicht wunder,
  Ihr seht ein Bild der Welt.
  Zu dulden ist das kleine,
  Wenn sich's nicht bläht zu keck,
  Zu loben das gemeine,
  Wenn's steht am rechten Fleck.
  So seht, und laßt's euch allen
  Ein Stündchen wohl gefallen!
Schöne Bilder, schöne Sachen,
Halb zum Weinen, halb zum Lachen,
Wie sich's dreht, und steht and geht;
Kommt und seht!