Res’chens Engelsgruß.

Lebt wohl ihr Geschwister,
 Vater, Mutter, lebt wohl!
 Ich euer Geflüster
 Nicht hören mehr soll.
Ich euere Züge
 Nicht kennen mehr kann.
 Ihr habt zur Genüge
 Mir Liebes gethan.
Du blumiges Feld,
 Du blühender Wald,
 Du schöne schöne Welt,
 Mein Aufenthalt!
Du Frühling klar,
 Du Herbst so mild,
 Du wechselndes Jahr.
 Bunt liebliches Bild!
Hienieden war's schön,
 Und soll ich nun gehn,
 Um dort in den Höhn
 Noch Schönres zu sehn?
Die Schwestern nicken
 Mit stummen Blicken:
 O bleibe da,
 Du kennst uns ja.
Die Engel steigen
 Herab, und zeigen
 Hinauf! hinauf!
 Mit uns geht dein Lauf.
O Schwesterlein naht mir,
 O haltet die Hand!
 Ein Engelein hat mir
 Die Seel' entwandt.
In Himmelsschein
 Wie hoch! wie hoch!
 Die Erde, wie klein!
 Doch seh' ich euch noch.
Zum Sehen nicht taugen
 Die thränenden Augen;
 Sonst müßtet ihr sehn
 Von hinnen mich wehn.
Fühlt meinen Hauch
 Aus Himmelsraum,
 Daß er euch tauch'
 Ia sanftem Traum!
Im Traume steig' ich
 Zu euch hernieder;
 Mein Antlitz zeig' ich,
 Mein Lächeln euch wieder:
O wenn ihr mich seht
 Noch einmal so schön;
 So denkt und gesteht,
 Daß Heil mir gescheh'n.
Und blickt getrost
 Zum leuchtenden Ost,
 Mit Liebesvertrau'n
 Zu jenen Au'n;
Wo sonder Mängel
 Die Schwester nun wohnt,
 Ein liebender Engel
 Euch über dem Mond.