Die Hungerjahre (3)

            3.

  Man hat mir einen Schwank gesagt,
Ich sag’ ihn euch, wenn’s euch behagt.
  Zwei Bauern in der Schenke saßen,
Und wuchrisch ihren Schatz ermaßen,
Die Körnerfrucht in ihrer Scheuer,
Wiewohl der Kern schon wäre theuer,
Müßt’ er viel höher noch hinauf,
Bevor sie schritten zum Verkauf;
Da sprach der eine im Verlauf:
Nicht eh’r verkauf’ ich meinen Trödel,
Bis einen Gulden kost’t ein Knödel.
Das hat der Wirth mit angehört;
Ob ihn der Wucher hat empört,
Oder hat ihn blos der Schalk gestochen,
Genug, er hat es brav gerochen.
Denn da sich eben die Gesellen
Thäten ein Mittagsmahl bestellen,
Ließ er, sie wacker zu bedienen,
Kochen zwei Dutzend Knödel ihnen,
Die gar so wohl bereitet schienen,
Daß die zwei Bauern gar nicht stutzend
Von Knödeln jeder fraß ein Dutzend,
Drauf nach dem Mahl den Mund abputzend,
Sie nach der Zehrung fragten den Wirth.
Der sprach: Zwei Dutzend Knödel wird
Grad vierundzwanzig Gulden machen.
Da wollten erst die Bauern lachen:
Ob denn ein Knödel ein Gulden kost’t?
Sprach der Wirth aber gar getrost:
Ihr habet selber ja gesagt,
Daß es nicht anders euch behagt,
Eh'r zu verkaufen euern Trödel,
Bis einen Gulden kost' ein Knödel;
So mögt ihr nun verkaufen getrost,
Weil das Knödel ein Gulden kost't.
Da schnitten's grämliche Gesichter,
Und appellirten an den Richter;
Der aber, zu gemeinem Frommen,
Verurtheilt' auch sie zu der Summen,
Und zu den Kosten obendrein.
Da mußten sie, um quitt zu sein,
Weil sie nicht hatten baare Gulden,
Um zu tilgen die Knödelschulden,
Vom aufgesparten Körnerhaufen
Ein tüchtig Zahl und Maß verkaufen.
Soviel es eben kosten will.
Der Wirth strich ein die Gulden still,
Und sprach: Ihr könnt in Frieden gehn,
Denn euer Will' ist heut geschehn;
Doch kehrt ihr künftig bei mir ein,
Werden die Knödel wohlfeiler sein.