Die Hungerjahre (1)

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Bei Bamberg in Franken da ackert ein Bauer,
 Er ackert und strenget die Kräfte,
 Es wird ihm so schwer und es wird ihm so sauer,
 Er stocket in seinem Geschäfte,
 Er sucht in den Taschen ein Krümelein Brot
 Und sei es kein Pfund, so sei es ein Loth,
 O drückende Noth!
 Und als sich kein Krümlein dem suchenden bot,
 Da ackert er weiter den Acker,
 Berackert den Hunger sich wacker.
Da denkt er beim Ackern: Wie lange wird's währen?
 Nun bin ich Gottlob! doch beim Pflügen;
 Und streu' ich den Saamen, so sprossen die Aehren
 Dann muß mir die Hoffnung genügen;
 Und wenn sie kein Regen zerstört und kein Frost,
 Kein Hagel, kein Reif, kein Brand und kein Rost,
 So ernt' ich getrost,
 Dann bring' ich zu Müller und Bäcker die Kost,
 Und wenn mich die zwei nicht betrügen,
 So ess' ich, jetzt muß ich nur pflügen.
So pflügt er und ackert und hungert, da kollert
 Ein Laib aus der Furch' ihm entgegen,
 Ein Brotlaib, gebacken und fertig; er tollert
 Begierig und hascht nach dem Segen.
 Er greift nach dem Messer, und schneidet hinein;
 Da springt aus dem Laibe, von Fleisch und von Bein
 Ein Männlein so klein,
 Den Bauer verwandelt das Staunen zu Stein;
 Drei Münzen auch siehet er rollen,
 Hervor aus dem Laibe gequollen.
Die eine von Gold und von Silber die zweite,
 So blank auf die Erde gefallen,
 Die dritte, den glänzenden dunkler zur Seite,
 Von Kupfer, die Kleinste von allen.
 Die silberne dünkt ihm von mittlerem Schlag,
 Die goldne so groß, so schwer von Betrag,
 Dergleichen er mag.
 Nie haben gesehn bis zum heutigen Tag.
 Das Männlein mit spitzigen Fingern
 Berührt sie, und redet beim Klingern:
Ihr Leute, so theuer, so theuer ist's heuer,
 Doch wird es noch theurer aus Erden.
 Ein Laiblein so groß als wie dieses, so theuer
 Bezahlet mit Gold wird es werden;
 Dann wird man es geben, noch einmal so groß,
 Nicht theuerer als um den Silberling blos,
 O glückliches Loos!
 Dann wirft man um's Kupfer den Laib in den Schooß.
 Zwar wenige werden's erleben,
 Die aber genießen es eben.
So redet das Männlein, und neigt sich und schweigt,
 Und schlüpft in den Boden zurücke;
 Der Bauer ist gar nicht zum Essen geneigt,
 Doch nimmt er von Geld die drei Stücke,
 Und trägt sie zur Stadt, und das Laiblein dabei,
 Anzeigt er's, damit es kein Schaden ihm sei,
 Der Stadtpolizei;
 Die sieht es, da ist's mit dem Zauber vorbei:
 Das Geld und das Brot ist verschwunden,
 Schlimm lauten im Lande die Kunden.