Die heimkehrenden Götter.

Die der Griechen Kunst erschaffen,
 Und der Franze mit den Waffen
 Schleppte nach der Seine Strand,
 Die besreiten Götter leeren
 Ihr Gefängniß jetzt, und kehren
 In ihr altes Vaterland.
Als die Kunde war erschollen,
 Daß, die sie erlösen sollen,
 Kommen über'n deutschen Rhein,
 Zweifelten die Götterschaaren,
 Ob die nordischen Barbaren
 Könnten ihre Retter sein?
Aber als sie nun die nahen
 Helden selbst vor Augen sahen,
 Zweifelten sie auch nicht mehr,
 Sondern schnell mit Dankesregung
 Setzte freudig in Bewegung
 Sich das ganze Götterheer.
Zeus, der große Göttervater,
 Mit dem Haupt ein Nicken that er,
 Zündete die Blitze an;
 So auf seines Adlers Flügeln
 Schwebt' er nach den sieben Hügeln
 Aus Lutetia voran.
Und die andern Götter alle,
 Wie sie einst mit ihm die Halle
 Auf dem Kapitol getheilt,
 Alle, wie sie ihn begleitet
 In's Exil, ein jeder schreitet
 Jetzo nach ihm unverweilt.
Juno, mit der königlichen
 Stirne, der ihr Stolz entwichen
 Nicht in der Gefangenschaft;
 Und die kriegrische Minerve,
 Die mit unerschlaffter Nerve
 Hält in starker Hand den Schaft.
Ceres mit den goldnen Garben,
 Die im Kerker fast verdarben,
 Die sie froh dem Licht enthüllt.
 Mehr als einst, da Persephone
 Sie gefunden, die entflohne,
 Ist sie jetzt mit Lust erfüllt.
Vesta mit dem keuschen Schleier
 Kommt hervor in stiller Feier
 Mit des Feuers heil'ger Gluth;
 In der Stadt unheil'gem Schlamme
 Wäre fast verlöscht die Flamme,
 Trotz der Göttin treuer Hut.
Wie, von Grazien umfächelt,
 Von Eroten angelächelt,
 Venus sich Urania freut,
 Der Kloake zu entrinnen,
 Wo ihr feiler Priesterinnen«
 Schwarm unreines Opfer streut.
Amor auch und Psyche kommen
 Ihrer Mutter nachgeschwommen;
 O wie bebt die zarte Braut,
 Daß versöhnt ist das Verhängniß,
 Sie entnommen dem Gefängniß,
 Neu dem Gatten angetraut.
Wie Diana leicht sich schwinget,
 Und ihr Reh vor Freude springet,
 Das mit ihr zur Freiheit eilt.
 Um nach ihrem Bruder blickt sie,
 Und den Chor der Nymphen schickt sie
 Aus, zu sehn, wo er noch weilt.
Doch Merkur, der leichtgefußte
 Naht, es naht der weichgebuste
 Bacchus, dem die Hüfte schwillt.
 Will Latonas Kind er haschen?
 Oder ist es nur der raschen
 Nymphen eine, der es gilt?
Warum fehlt der Esser Komus?
 Und warum der Spötter Momus?
 Sind sie nicht von unserm Zug?
 Haben die pariser Küche
 Und der Hauptstadt witz'ge Sprüche
 Sie noch nicht studirt genug?
Doch die Satyrn und die Faunen
 Sind mit ihren besten Launen
 Da, in schönster Wohlgestalt;
 Und Silen auf seinem Esel
 Schreit das Thier nicht, daß von Wesel
 Bis Paris es widerhallt!
Seht die ungezähmten Bacchen,
 Wie sie scherzen, wie sie lachen.
 Gibt's ein römisch Carneval?
 Gibt es griechische Mysterien?
 Macht der süße Nam' Hesperien
 Euch im Voraus trunken all? -
Doch Apoll mit seinen Neunen,
 Der nicht gern sich ließ umzäunen
 Vom französischen Parnaß,
 Schließt den Zug mit deutschen Tönen,
 Hemmt der Freude wildes Dröhnen
 Mit der Leier ernstem Maß.
Er in aller Götter Namen
 Dankt den Siegern, welche kamen,
 Um die Götter zu befrein:
 Dafür von den Göttern allen,
 Die zu ihrer Heimath wallen,
 Sollet ihr gesegnet sein.
Euch verschonen Jovis Blitze,
 Und von seinem Wolkensitze
 Träufle Regen eurer Flur.
 Euere Gebärerinnen
 Lasse Juno Kraft gewinnen,
 Daß sie bringen Helden nur.
Mit dem Schilde der Medusen
 Leihe Pallas eurem Busen
 Rechten Sinn zu Rath und That.
 Ceres pflanz' euch selb die Aehre,
 Daß das Land den Frieden nähte,
 Das des Krieges Roß zertrat.
Vesta habe stets in treuer
 Obhut euer heil'ges Feuer,
 Daß es nie erlösch' hinfort;
 Und des Liebesternes Funkeln
 Lasse Venus nie verdunkeln
 Ueber euch am Himmel dort.
Artemis in euern Forsten
 Lasse Königsadler horsten,
 Und das Wild vom Zaun umkreist.
 Hermes Fleiß sei beim Gewerbe,
 Und in jeder vollen Scherbe
 Sei des Vater Bacchus Geist.
Aber ich mit meinen Tönen,
 Mit den Gaben der Kamönen,
 Bleib' im Geiste bei euch hier.
 Seit die griech'sche ging in Splitter,
 Tönte niemals eine Zitter
 Lieber als die deutsche mir.
Deutsche, frei vom fremden Dränger,
 Haben sollt ihr deutsche Sänger,
 Jetzt und stets fortan von jetzt,
 Sänger, die, was deutsche Helden
 Deutsch vollbringen, deutsch auch melden,
 Selb den Helden gleichgesetzt.
Und nun sei es uns beschieden,
 Daß wir uns den Platz in Frieden
 Nehmen neben Peters Dom.
 Und im Schmuck der Lorberreiser
 Sei uns bald ein deutscher Kaiser
 Dort gegrüßt als Vogt von Rom.
Mit der Hoffnung auf den Wegen,
 Lassen sammt der andern Segen
 Wir euch selbst zwei Götter da:
 Blücher euren Gott des Krieges,
 Und auf seiner Hand, des Sieges
 Unterpfand, Viktoria.