Des Rheinstroms Gruß.

Als die deutschen Kriegesschaaren,
 Siegreich im Vereine,
 Von Paris zurückgefahren
 Kamen nach dem Rheine,
 Weckten ihn die hellen Töne
 Seiner kriegerischen Söhne,
 Und aus seinen Flüssen
 Stieg er, sie zu grüßen.
Eine bergkrystall'ne Schaale
 Haltend in der Linken,
 Angefüllt mit Fluthenstrahle,
 Wie mit Silberblinken;
 So in seinen Wassern stehend,
 Freudig nach den Kriegern sehend,
 Rief er den Genossen,
 Die zur Seit' ihm flossen:
Saar Und Mosel, meine Kinder
 Von den linken Borden,
 Knechte einst, und frei nicht minder
 Jetzt, wie ich, geworden!
 Und ihr von der rechten Seite,
 Deutsche Ströme, mein Geleite,
 Neckar, und vor allen
 Main, mein Wohlgefallen!
Sehet euern Vater heute,
 Wie der Stolz ihn schwellet,
 Wonne ihm das stillerfreute
 Vateraug' umhellet,
 Heute steht vor mir erfüllet,
 Was ein Traum mir jüngst enthüllet,
 Meine Ströme, säumet,
 Hört, was ich geträumet!
Mir das Haupt mit Trauernesseln
 Kränzend, statt mit Schilfe,
 Weil ich aus den Sklavenfesseln
 Hoffte keine Hilfe,
 Lag ich, eingewiegt vom Kummer,
 Auf des feuchten Bettes Schlummer,
 Und von Wintereise
 Stockten meine Gleise.
Da war mir's, als ob geronnen
 Plötzlich and're Wellen
 Kämen, als aus euren Bronnen
 Kommen, ihr Gesellen.
 Alle Flüss' in deutschen Landen
 Sah ich, wie sie sich verbanden,
 Sendend um die Wette
 Fluthen meinem Bette.
Elbe, die hervor aus Böhmen
 Sucht des Nordmeers Pfosten,
 Donau, die mit ihren Strömen
 Weit sich zieht nach Osten;
 Und die andern Ströme alle,
 Mit vermischtem Fluthenschwalle,
 Flossen, groß und kleine,
 Nieder nach dem Rheine.
In die starren Adern flößten
 Sie mir neue Säfte,
 Und des Eises Bande lösten
 Sich durch ihre Kräfte.
 Als ich sah nach ihren Fluthen
 War es mir, als ob sie bluten,
 Und ein Grausen machte,
 Daß ich schnell erwachte.
 Da sah ich im alten Gleise
 Zwar die Ströme fließen,
 Aber völlig neuer Weise
 Völker sich ergießen,
 Welche meine Stamm'sverwandten
 Mir anstatt der Fluthen sandten,
 Daß sie zu mir kamen
 In ganz Deutschlands Namen.
Die lebend'gen Fluthen gossen
 Ueber mich sich rauschend;
 Ansah ich die Bund'sgenossen.
 Mich mit Stolz berauschend;
 Kämpfen sah ich fern und nahe,
 Furchtbar kämpfen, und ich sahe,
 Daß von blut'gen Wogen
 Nicht mein Traum gelogen.
Doch die Völkersühnfluth schwemmte
 Furchbar hoch gewaltsam,
 Was sich ihr entgegenstemmte,
 Brechend unaufhaltsam,
 Bis sich in freiwill'ger Hemmung
 Endigt seht die Ueberschwemmung,
 Und sie reich an Ehren
 Heim in Friede kehren.
Siegerschaar! mit Stolze seh' ich
 Dich an meinen Flüssen,
 Und mit meiner Schaale steh' ich
 Hier dich zu begrüßen.
 Wie du deine Namen nennest,
 Bund der Deutschen, eh du trennest
 Dich von diesem Orte,
 Höre meine Worte:
Habt ihr in der Sünden Pfuhle,
 D'raus ihr jetzt zurücke
 Kehret, habt ihr in der Schule
 Des Verraths, der Tücke,
 Euch verunreint? Keine Spuren
 Tragt mit heim zu euren Fluren,
 Hier in meine Schlünde
 Werfet eure Sünde!
Wenn ihr selbst in euren Herzen
 Habt nicht ganz vergessen,
 Was, zum Weh euch, mir zum Schmerzen
 Euch getrennt vordessen,
 Haß, der noch im Stillen grimmet,
 Zwietracht, die noch heimlich glimmet;
 Wascht in meinem Becken
 Ab die letzten Flecken.
Dann ihr alle, so gereinigt
 Von dem fremden Gräuel,
 Alle ihr, nun so geeinigt
 Zu der Eintracht Knäuel,
 Hier zu ew'gem Bundesmahle
 Reich' ich euch die volle Schaale;
 Trinkt aus ihrer Tiefe,
 Daß vom Mund es triefe.
Was zusammen ward gelöthet
 Von des Krieges Hammer,
 Was zusammen ward genöthet
 Unter Druck und Jammer;
 Daß die Freiheit und der Friede
 Stets es mehr zusammenschmiede,
 Darauf, deutsche Zecher,
 Trinkt aus meinem Becher.
Wenn ihr denn als einz'le Glieder
 In die Heimat fahret,
 Denket zu dem Rheine nieder,
 Wo ein Leib ihr waret!
 Wenn ihr heim zu euren Flüssen
 Kommt, sollt ihr von mir sie grüßen;
 Gebt aus meinem Munde
 Ihnen diese Kunde:
Deutsche Flüss', in der Gewässer
 Noch so stolzer Fläche!
 Einzeln seid ihr doch nicht besser
 Als die Wiesenbäche;
 Aber wenn ihr, deutsche Flüsse,
 Strömet eure Wassergüsse
 In ein Bett, in eines,
 Das ist groß, ich mein' es.